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„Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“ (Schiller)

Februar 2022:

Und das heißt: Ein „Ort“, an dem
Der Mensch sich selbst das Urteil spricht,
Sich weigernd, zu fühlen sein Ich im Licht.

Gierig und machtgeil will er über andere herrschen,
Mitmenschen und souveräne Länder niederwerfen,
Vermeidend, sein wahres Selbst tiefer zu erkennen
Lüge will er als Wahrheit nennen.

Nach beinahe 77 Jahren Frieden in Europa, abgesehen vom Jugoslawienkrieg und abgesehen vom Krieg in der Ostukraine, erhebt sich wieder eine – diesmal sich als Zar gebärdende – Führergestalt und droht mit dem Einsatz der militärischen Macht. Es ist wiederum ein Mann, der glaubt, die Nato-Osterweiterung sei ein Verstoß des Westens gegen Zusagen von 1990 und 1991 gewesen. Das stimmt auch. Diesen Verstoß müsste der Westen anerkennen. Das ist das eine. Das andere ist dies: Der besagte Mann wird weder seinem Land noch dem Nachbarland Ukraine, noch Europa einen echten Dienst erweisen, wenn er seiner – mehr oder weniger berechtigten – Aggression freien Lauf lässt und einen Krieg beginnt. Die politische Dimension der aktuellen Situation in Europa verlangt eindeutig nach diplomatischen Lösungen. Dabei müssen beide Seiten nachgeben und nach einem sinnvollen, den Frieden bewahrenden Kompromiss suchen. Seit Monaten wird nach einer diplomatischen Lösung dieses sehr gefährlichen Konfliktes gesucht. Alle Lichtgedanken der Europäer müssen auf eine sinnvolle Lösung konzentriert werden, damit sich nicht diejenige Situation einstellt, die wir in Europa schon einmal hatten – nach den Verhandlungen in München Ende September 1938.

Außerdem erhebt sich die psychologische Frage: Welches vitale Bedürfnis hat der russische Präsident nicht befriedigt oder befriedigt bekommen? Sehe ich sein Gesicht im Fernsehen, entsteht in mir mehrmals der Eindruck, dass er an Depressionen leidet. Das bedeutet nicht, dass er nicht wüsste, was er tut. Die Kenner attestieren ihm hervorragende Fähigkeiten: Ein kluger Spieler, ein sehr guter Stratege, ein Machtbewusster usw. Nur, wozu nützt er seine Fähigkeiten und seine Macht? Eine „naive“ Überlegung wäre, zu sagen: Er könnte die Armut in seinem Land mehr zurückdrängen. Er könnte die extreme Korruption eindämmen. (Gilt im Übrigen für alle anderen Staaten, in denen Politiker Korruption nicht bekämpfen, sondern fördern). Er könnte dem Westen vorschlagen, dass die Großmacht Russland von nun an mit der EU zusammen eine bessere, eine humane Zukunft ohne Krieg aufbauen wolle. Über diese „Naivität“ hinaus, wäre ein echter Fortschritt für die ganze Menschheit, wenn der Wettbewerb zwischen den Großmächten nicht a priori als kriegerische Aufrüstung, sondern als ein faires Ermessen der Kräfte aufgefasst werden würde, bei dem das Gemeinwohl, eine bessere Ökologie, der Sinn des WIR, der den Frieden schaffende und erhaltende Ausgleich im Mittelpunkt stünden. – Doch solange in den einzelnen Führer-Gestalten nur der Wille zur Macht dominiert; solange nur der Hass, der Neid und die Gier das Innere der hier gemeinten Gestalten (auch Donald Trump gehört dazu) beherrschen und zerfressen, wird Friedrich Schiller recht behalten: „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht!“ / Gewiss! / Doch ein furchtbares Gericht,/ In dem das Erdenmenschentier,/ Losgelöst von seinem Ich im Licht, / Sich selbst das Urteil spricht! (O. Zsok)

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