Zum 118. Geburtstag – Viktor E. Frankl und die Spiritualität (von János Vik I April 2023)
Am 26. März 2023 hat das Süddeutsche Institut dem Geburtstag von Viktor E. Frankl mit einem Vortrag gedacht, der das Thema der menschlichen Spiritualität in den Blick nahm und diesbezüglich zwei Fragen untersuchte: Wie stand Frankl dazu als Arzt in seiner Logotherapie und Existenzanalyse? Und wie stand er zur Spiritualität als Mensch bzw. als Privatperson?
Generell erscheint „Spiritualität“ als ein Konzept, mit dem sich viele Menschen besser identifizieren können als mit „Religion“ oder „Religiosität“. Manche Menschen nutzen diesen Begriff, um sich von organisierter Religion abzugrenzen und darauf hinzuweisen, dass sie nicht institutionell gebunden sind, teils auch den Glauben an Gott ablehnen, aber dennoch wissen, was ihnen heilig ist. Für andere ist der Begriff „Spiritualität“ mit ihrer Konfessionszugehörigkeit und ihrem Glauben an Gott durchaus verbunden.
Allgemein betrachtet, lässt sich festhalten, dass die Religiosität der Gegenwart durch Vielfalt und Individualisierung charakterisiert werden kann, die sich oft unter dem Begriff „Spiritualität“ einfangen lässt. Man kann wohl begründet behaupten, dass Viktor E. Frankl eine Art Vorahnung von dieser Entwicklung gehabt hatte, als er wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg die folgenden Gedanken in seiner philosophischen Dissertation – Der unbewusste Gott – formulierte: „Ich glaube nicht an eine Art religiöses Esperanto. Im Gegenteil. Wir gehen nicht auf eine universale Religiosität zu, vielmehr auf eine personale – eine zutiefst personalisierte Religiosität, aus der heraus jeder zu seiner persönlichen, seiner ureigensten Sprache finden wird, wenn er sich an Gott wendet.“
Die Logotherapie und Existenzanalyse Viktor Frankls hat folglich keine Berührungsängste, wenn es um die Religion bzw. um die Religiosität des homo patiens geht. Als sinnzentrierte Psychotherapie verpflichtet sie sich zwar wie selbstverständlich zu einer neutralen Einstellung gegenüber der Religiosität eines Patienten, aber sie wird von ihr gleichermaßen ernst genommen wie die atheistische Weltanschauung eines anderen Patienten.
Aufgrund seiner persönlichen Lebenserfahrung scheint Frankl als Privatperson, als Überlebender des Holocaust bewusst denen entgegentreten zu wollen, die meinen, „nach Auschwitz“ müsse man ehrlicherweise den Glauben an einen Gott der Liebe aufgeben. Frankl ist der Überzeugung, dass sowohl der atheistische als auch der religiöse Glaube – und das ist gültig auch „nach Auschwitz“ – auf einem existentiellen Akt beruhen, der durch Unbedingtheit gekennzeichnet werden kann. In diesem Sinne plädiert Frankl seinerseits für eine Art religiöses Trotzdem-Ja-zum-Glauben-sagen.